
Okklusion, Kiefergelenk und Körperhaltung
20. Oktober 2019
Freizeit
12. Dezember 2019Einwurf


Erstausgabe der Zeitschrift „Nature“ vor 150 Jahren
Es lebe die Vielfalt
Warum die Wissenschaft wieder weniger Fachidiotentum braucht
„Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend aus ihr herauszutreten und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen.“ Mit einem Goethe zugeschriebenen Gedicht erschien vor 150 Jahren, im November 1869, die erste Ausgabe der britischen Wissenschaftszeitung „Nature“. Trotz dieser eigenwilligen Vermengung von Poesie und Forschung wurde das Magazin nach und nach zu einer der wichtigsten Publikationen im Wissenschaftsbetrieb. Im Schnitt wird jeder „Nature“ Artikel heute 43 mal pro Jahr in anderen Veröffentlichungen zitiert……………gerade jene frühen Ausgaben erscheinen aktueller denn je, sie waren nämlich einer breit aufgestellten Bildung verpflichtet: der Fähigkeit, über den Tellerrand des eigenen Fachgebietes zu blicken – auch dafür stand der deutsche Dichterfürst Goethe, der über eine solide naturwissenschaftliche Bildung verfügte.
Heute existiert eine Zersplitterung in immer enger gefasste Fachdisziplinen. Viele Wissenschaftler kapieren mittlerweile die eigenen Statistiken nicht mehr, weil diese von hochkomplexer Software zusammengerechnet werden – mit dem Ergebnis, dass sich viele Forschungsergebnisse nicht mehr reproduzieren lassen. Vor diesem Trend warnt etwa der der renommierte Mikrobiologe Arturo Casadevall, selbst Autor von rund 800 Fachpublikationen. Vehement fordert der Forscher eine Entschlackung von Studiengängen, eine Entspezialisierung zugunsten eines breit aufgestellten Studium generale, kritisches Denken statt Fachidiotentum. Zumal Studien nahelegen, dass Nobelpreisträger deutlich häufiger vielfältige Hobbys pflegen als ihre Kollegen – mitunter sogar die Poesie.
Hilmar Schmundt im „Spiegel“ 2019

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)